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Wenn die Menschen von einer Kuschelparty hören, reagieren sie höcht unterschiedlich: mit Belächeln, Staunen, Irritation. Mit offener oder stiller Ablehung. Oder mit Freude und echtem Interesse. Das hat mich inspiriert zu diesem Artikel, in dem ich mir Gedanken mache zu den häufigsten Bedenken. Und auch hier möchte ich sagen: Ja, es ist verständlich, diese Einwände zu haben. Vielleicht ist eine Kuschelparty tatsächlich (noch) nicht das Richtige für dich. Manche Befürchtung löst sich auf, wenn man weiß, wie eine Kuschelparty abläuft.

Die häufigsten Einwände sind:

Fremde berühren? Kann und will ich nicht.

Und wenn mir keiner gefällt?

Bei einer Kuschelparty geht´s ja „nicht weiter“.

Als Kuschel-Trainerin möchte ich zu diesen Themen einige Gedanken und Erfahrungen teilen.

„Ich will nicht mit Fremden kuscheln“

Natürlich soll jede und jeder selbst entscheiden, mit wem sie körperlich nah ist. Es ist ganz natürlich, dass man befreundete und geliebte Menschen umarmt, Fremde dagegen nicht. Das ist auch bei mir so.

Meine Erfahrungen auf Kuschelpartys zeigen aber auch: Hier kuscheln fremde Menschen miteinander, Männer und Frauen, Männer und Männer, Frauen und Frauen. Nicht nur zu zweit, sondern bisweilen auch sieben nebeneinander in Löffelchenstellung. Sie liegen friedlich, still und geborgen zusammen und am Ende strahlen sie; es geht ein Frieden und eine Wohligkeit von ihnen aus. Wie ist so etwas möglich? Bei unseren Kuschelpartys gibt es einen harten Kern, der regelmäßig teilnimmt, sich vom Sehen oder schon gut kennt. Aber es kommen auch jedes Mal Neue. Auch diese schaffen es nahezu alle, die Begegnungs- und Berühr-Übungen mitzumachen, die Verwöhnübung zu zweit oder zu dritt und am Ende zu kuscheln.

Eine fremde Gruppe

Ich erinnere mich an ein Jahrestraining, das ich mit Ende 30 gebucht hatte: Selbst- und Körpererfahrung. Ich wollte persönlich wachsen, emotional herausfordernde Situationen erleben, von denen ich mir Heilung versprach. Menschen kennenlernen, heilsame Rituale erleben. Die Leiterin hatte ich vorher erlebt und fand sie gut. Ich ging etwas bang dort hin. Schaute mir die Leute an und dachte: Oh nein, da ist ja niemand wirklich Nettes dabei. Mit keinem würde ich gerne eine Körperübung machen. Entmutigt saß ich in der Begrüßungsrunde. Nach dem Tanzen machten wir zu dritt ein Sharing, einen verbalen Austausch. Das war so berührend, so ehrlich, authentisch, herzöffnend, dass ich mich diesen beiden ganz nah fühlte. Und dann interessanterweise plötzlich auch den Übrigen im Raum. Ich war angekommen, fühlte mich mit den anderen verbunden – wie hatte die Trainerin das gemacht?

Schrittweise Näherkommen

Auch bei einer Kuschelparty ermöglicht der schrittweise Aufbau, die anderen Menschen im Raum zu sehen, zu erleben. In der Begrüßungsrunde sagt jeder seinen Namen und ein bis zwei Sätze. Das Gefühl der Fremdheit lässt hier schon ein bisschen nach. Dem folgen spielerisch und tänzerisch Augenkontakt, im Raum bewegen, kurze Zweier- oder Dreierübungen. Man weiß, wer da ist und für die meisten ist die erste Berühr-Übung kein Problem. Wir üben Ja/Nein-Sagen und wie ich auf meine Grenzen achten kann und dies zeige. Niemand soll gegen seinen Willen berührt werden. Jederzeit entscheide ich selbst, ob und wen ich berühre. Es ist schön zu sehen, wie leicht und unkompliziert die Menschen auf der Tanzfläche in Kontakt und oft auch in Berührung kommen.

Gruppenübungen

Es kann eine Herausforderung sein, den „richtigen“ Partner oder die „richtige Gruppe“ für eine Übung zu finden (siehe auch meinen Artikel Jeder ist der Richtige?). Die Trainerinnen helfen bei der Wahl, das Helfer-Team steht zur Verfügung, und irgendwie geht es immer auf und (hoffentlich) niemand landet in einer Gruppe, die sich ganz unangenehm anfühlt. Mit Menschen, die ich mir – mehr oder weniger – ausgesucht habe, schon getanzt habe, ist meist leicht eine Dreier-Verwöhn-Übung zu machen: Ich spüre in mich rein, was ich mir wünsche, und bitte die anderen mich zu unterstützen, z.B. dass eine sanft meinen Kopf und einer meine Füße hält. Diese Übung ist sehr beliebt und ich habe selten erlebt, dass jemand nicht mitmachen möchte.

Alles zu viel?

Wenn es aber nicht geht? Wenn alles zu fremd, zu nah, zu emotional ist? Wenn alte Themen getriggert werden, z.B. „Keiner will mich“, oder „Alles ist mir zu viel“  oder „Ich kann nicht Nein sagen, wenn mich jemand fragt“? Bei jedem Berühr-Abend gibt es Buddys aus unserem erfahrenen Helfer-Team. Sie sind jederzeit ansprechbar, wenn du Fragen hast, etwas teilen oder besprechen möchtest, wenn du Hilfe oder Trost brauchst.
Vielleicht ist die Nähe auch erst einmal ungewohnt, weil man (zu) lange ohne Berührung war? Dann ist eine Pause gut, auf der Pausenmatte im Raum, oder draußen bei einer Tasse Tee. Jederzeit kannst du einfach wieder dazukommen. Manchmal gehen tatsächlich auch Menschen früher. Nach unserer Erfahrung bleiben fast alle und lassen sich auf die Erfahrung ein, anderen zu begegnen, auszuprobieren, wo man sich aufgehoben fühlt. Zu spüren, ob ich jetzt am richtigen Platz bin oder ich lieber woanders hingehe.

Und wenn mir keiner gefällt?

Auf unseren Veranstaltungen sind 25-40 Menschen, in einem großen, wunderschönen Dachgeschoss. Sicherlich sind auch Menschen dabei, die du sympathisch, vertrauenserweckend und angenehm findest. Durch die verschiedenen Übungen am Anfang hast du zu mehreren kurz Kontakt und kannst schon mal spüren, zu wem du dich eher hingezogen fühlst. Beim Kuscheln später auf der Kuschelwiese scheinen dann auch andere Kriterien zu gelten: Es kommt weniger darauf an, ob jemand „gut aussieht“, sondern ob ich neben diesem Menschen in tiefe Geborgenheit und Entspannung tauchen kann. Vielleicht wähle ich hier jemanden, der oder die innere Ruhe, Gemütlichkeit und Freundlichkeit ausstrahlt. Manche sagen am Ende auch, dass es eigentlich ganz egal ist, neben wem man liegt, wenn man mitten im Kuschelhaufen liegt.

Bei der Kuschelparty geht´s ja „nicht weiter“

Ich möchte den Wunsch nach Erotik nicht kleinreden oder Kuscheln als Konkurenz dazu gesehen wissen. Schon gar nicht soll Kuscheln Sex ersetzen. Beides hat seine eigene Qualität. Aber viele von uns haben Kuscheln sozusagen nur als Vorspiel erlebt, als Zwischenstufe von etwas, auf das alles zusteuert. Und nicht als eigene Qualität, die alleine für sich stehen kann, ohne dass etwas „fehlt“.

Natürlich stellt sich die Frage: Warum sollen wir uns als erwachsene Menschen beschränken? Hier beim Schreiben merke ich, wie schwer es ist, den Wert von achtsamer, absichtsloser Berührung zu erklären. Auch in meinem Leben war es so, dass enger Körperkontakt irgendwie auf Sex hinauslief oder darauf hinauslaufen konnte. Wenn ich mit jemandem keinen Sex wollte, hätte ich früher auch nicht mit ihm gekuschelt. Denn das wären ja „falsche Versprechungen“. Heute bin ich unglaublich dankbar für Räume, in denen ich einfach kuscheln kann, mich hinlegen, entspannen, Wärme und Geborgenheit spüren, in sicher gehaltenen Raum. Das ist eine Art von Tiefenentspannung, der Erfahrung von Liebe und innerem Frieden, was ich vorher so nicht kannte. Hierzu braucht es den geschützen Raum mit klaren Absprachen.

Kuschelregeln

Jetzt treffen sich Menschen, zahlen sogar Geld, um „nur“ zu kuscheln. Für Männer sicher auch, aber besonders für viele Frauen ist es wichtig, dass hier ein geschützter Raum entsteht, in dem die Kuschelregeln gelten: kein Küssen, keine Berührung der Badehosen- oder Bikinizone. Es geht um die achtsame, heilsame, Geborgenheit schenkende Berührung. Mit  Menschen, die man vielleicht erst gerade kennengelernt hat.
Alle Säugetiere kuscheln als Junge. Mit ihren Geschwistern oder der Mutter. Wir alle kennen Katzenkörbchen oder einen Wurf junger Hunde, die aneinander geschmiegt zusammen liegen. Es strahlt Nestwärme, Sicherheit und Geborgenheit aus. Es ist kein Zwischenzustand, sondern genau richtig. Es fehlt nichts. Es ist vollkommen. Vielleicht ist das die Erfahrung, die eine Kuschelparty ermöglichen kann.Mit einer Trainerin, die den Raum hält. Mit klaren Regeln, einem gemeinsamen Anfang und einem gemeinsamen Ende. Ich kann mich mit meinem Körper, meinem ganzen Sein, vertrauensvoll hineingeben, ohne die Befürchtung, etwas geben zu müssen, etwas tun zu müssen oder an Stellen angefasst zu werden, die ich nicht möchte.

Der Blick auf die Kuschelwiese erfüllt mich jedesmal mit Freude, Frieden und Dankbarkeit. Es ist das Schönste und Natürlichste der Welt, sich anzuschmiegen und seinen Körper auf diese Art wohlig, warm und weich zu erleben. Die Atembewegung, Wärme und Geborgenheit anderer menschlicher Wesen zu spüren – das geht auch, wenn ich sie nicht (gut) kenne. Weil der Rahmen klar ist und die Intention.